Die HWR Berlin gehört zu den Erstunterzeichnern der Entrepreneurial Skills Charta des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Prof. Dr. Sven Ripsas hat das Papier miterstellt. Ein Interview.
Zur Person
Prof. Dr. Sven Ripsas ist Professor für Entrepreneurship an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin). Er setzt sich für die Förderung der Entrepreneurial Education in der Bildung von der Schule bis zum Studium ein. Sein zentraler Forschungsschwerpunkt liegt auf der Entwicklung von innovativen Geschäftsmodellen.
Was sind Entrepreneurial Skills?
Entrepreneurship Education umfasst eine Vielzahl von zukunftsrelevanten Kompetenzen entlang der sogenannten 21st Century Skills und der Nachhaltigkeitsziele der UN (SDGs). Zu den Skills zählen das Kommunizieren und das Problemlösen in interdisziplinären Team. Die sozial-ökologische Transformation braucht alle Wissensgebiete: Digitalisierung, Ökologie und Ökonomie. Vor allem aber geht es um den Umbau der Lehre an Schulen und Hochschulen von der reinen Wissensvermittlung hin zum agilen interdisziplinären Problemlösen durch „entdeckendes Lernen“. Die Hochschulleitung der HWR Berlin trägt diese Charta, das ist großartig.
Wo sind diese Fähigkeiten in Alltag und Beruf wichtig?
Der Alltag ist zunehmend weniger planbar. Dies gilt zukünftig für sehr viele Berufe und heute schon für Manager*innen, Politiker*innen und Lehrer*innen. Entscheidungen müssen in immer neuen Sachzusammenhänge getroffen werden. Alte Strategien sind nicht immer passend. Es geht weg vom Plänemachen und der Überwachung der Ausführung hin zu situativem Beurteilen von Bedürfnissen und Möglichkeiten und dem Treffen von im Team abgestimmten Entscheidungen.
Weshalb braucht eine Gesellschaft einen möglichst breit aufgestellten Entrepreneurial Mindset in allen Bereichen?
Ganz klar: die sozial-ökologische Transformation ist eine Mammutaufgabe. Zudem haben in Deutschland noch nicht die Kraft der Entrepreneurship Education erkannt, obwohl diese seit Jahren ein zentrales Bildungsziel in der Europäischen Union ist.
Wie bringt man Menschen dazu, unternehmerisch zu denken und zu agieren?
Wir müssen in der Schule beginnen. Entrepreneure sind keine Kapitalist*innen, sondern Changemaker. Die Entscheider*innen von morgen gehen heute in die Schule. Viele machen dann eine Ausbildung oder studieren. Dafür setzen wir uns an der HWR Berlin seit Jahren mit dem Deutschen Entrepreneurship Education Campus, der im Oktober wieder stattfindet, ein.
Welche Rolle spielen die Hochschulen, was können sie konkret tun?
Wir brauchen einen Kulturwandel an Hochschulen. Die HWR Berlin ist hier Vorreiter. Wir haben nicht nur spezielle Studiengänge für Entrepreneure, die StartupClass der Entrepreneurship Summer School Berlin im August und einen Startup Inkubator, sondern sind auch aktiv dabei, die Entrepreneurship Skills für Mitarbeitende in Unternehmen zu vermitteln; Stichwort „Unternehmer*innen in Unternehmen“.
Was wäre aus Ihrer Sicht der nächste notwendige Schritt?
Entrepreneurship Skills müssen im Curriculum aller Studiengänge strukturell verankert werden. Daran arbeiten wir. Die jüngst verabschiedete Entrepreneurial Skills Charta wird uns helfen, neben den Wirtschaftswissenschaften die anderen Fachbereiche einzubeziehen. Am Ende soll ein Strategiepapier für die gesamte Hochschule stehen.
Sie haben an der Erarbeitung der Entrepreneurial Skills Charta mitgearbeitet. Was soll die bringen und wem?
Die Entrepreneurial Skill Charta ist ein Meilenstein. Damit wird deutlich, dass Entrepreneurship nicht nur Gründungen betrifft, sondern ein Mindset ist. Es geht um kreatives, interdisziplinäres Problemlösen im Dreieck von Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Ökonomie.
Welche Expertise und Erfahrungen konnten Sie einbringen?
Mein Fokus ist Entrepreneurship als ökonomischer Prozess. Schon meine Dissertation hatte Anreizstrukturen für unternehmerisches Handeln zum Gegenstand gehabt. Für mich fehlt in der heutigen Entrepreneurship Education häufig die Kompetenz bei politischen Initiativen Marktanreize und daraus folgende Konsequenzen richtig einschätzen zu können. Hier will ich Abhilfe schaffen.
Bei welcher Gelegenheit haben Sie vor kurzem bewusst Ihre Entrepreneurial Skills eingesetzt?
Eigentlich täglich, denn die Arbeit als Professor ist projektorientiert und damit geht es immer darum, etwas Neues zu schaffen.
Prof. Ripsas, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Sylke Schumann, Pressesprecherin der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin).